Die Suche nach unserer wahren Identität ist ein langer Weg, der zeitweise in dem undurchsichtigen Nebel zu verschwinden scheint, der uns die Sicht nimmt. Manchmal scheint unsere Identität so klar zu sein, manchmal ist sie völlig verschwommen. Mir ist bewusst geworden, wie sehr der Name, das Etikett, das wir uns umhängen, nicht unser Wesen verändert, sondern den Blick, den andere auf uns werfen. Bin ich ein Anthropologe oder ein Nomade? Diese Namen sind wie ein Indikator, der dem anderen zeigen soll, wie er mit uns umgehen soll. Aber das ist nur der Blick des anderen. Letztendlich sind wir es nicht.
Wer sind wir also? Seit ich mich wieder auf den Weg gemacht habe, habe ich eine interessante Veränderung wahrgenommen. Ich hatte sie schon vorher bemerkt, aber dieses Mal ist sie noch deutlicher. In meinem Lebensstil gibt es so gut wie keine Spiegel. Ich kann mein Spiegelbild nicht jeden Moment beobachten. Versuchen Sie einmal zum Spaß zu zählen, wie oft Ihr Gesicht oder Ihr Körper an einem Tag in einem Spiegel erscheint.
Der Spiegel zeigt uns das Äußere, er lehrt uns, unseren Körper von außen zu betrachten und ihn oft zu beurteilen. Es ist so verlockend, ihm direkt eine Bewertung in einem Gefühl anzuhängen, das entweder bequem oder unbequem wird. Auf der Straße, beim Schlafen im Zelt, gibt es keine Spiegel. Tagelang gibt es keine Spiegelungen. Der Blick verändert sich augenblicklich. Er richtet sich nach innen. Die Frage „Wie sehe ich aus?“ verwandelt sich in „Wie fühle ich mich?“.
Wie fühle ich mich heute Morgen? Abgesehen von meinem Aussehen kann ich meinen Körper von innen heraus spüren, ich spüre Ungleichgewichte, Spannungen oder im Gegenteil die Leichtigkeit, die von meinem freudigen Herzen ausgeht. Es gibt kein Urteil über das Äußere, es gibt nur die Annahme dessen, was ist. Und in dieser Aufnahme gibt es einen echten Respekt vor dem Körper für das, was er uns zu erleben erlaubt. Er wird dann zum Ort der menschlichen Erfahrung, zu diesem heiligen Tempel, der uns den Weg zum Experimentieren mit einer ganzen Reihe von Empfindungen und Emotionen öffnet. Indem wir von innen heraus auf unseren Körper hören, öffnen wir uns, um zu spüren, was in uns wohnt. Wir verlassen unsere Überzeugungen, den Kodex der Gesellschaft und der Mode, wir verlassen die Begrenzungen unserer Familienlinie und erfahren einfach diesen Körper, unsere Wahrnehmungen, unsere Empfindungen und unsere Emotionen. Wir sind das Experiment.
Doch jenseits dieser Innenschau spüre ich auch die vielen Identitäten, die in mir stecken, als könnte ich mich in ein Puzzle aufteilen. Ich hatte das Gefühl, als ich in der Schweiz war, dass bestimmte Personen oder Orte einen Teil meiner Identität, einen Teil von mir zum Schwingen brachten und die anderen untergehen ließen. Von einem Ort zum anderen schien sich meine Identität dann zu wandeln, um nur einen Teil von mir zu offenbaren. Auch Nayla spürte, wie sich diese Teile durchsetzten und wieder zum Schweigen gebracht wurden, wie in einem Theatermosaik, in dem wir die Rollen nicht wirklich beherrschen. Doch selbst wenn Teile von uns durch eine Person oder eine Erfahrung wiederbelebt werden, sind wir nicht diese eine Erfahrung. Damals spürte ich, wie wichtig es für mich war, all diese Identitäten, die mich erschaffen, zu dem, was ich heute bin, zusammenzuführen. Nur wenn ich all diese Teile vereine, bin ich dieses multidimensionale Wesen. Und in der Schwingung dieses multidimensionalen Wesens bin ich im gegenwärtigen Augenblick ganz ich. Ich bin ganz ich in diesem physischen Körper, verbunden mit der Tiefe und der Kraft meines Wesens, das sich jenseits von Raum und Zeit offenbart. Dann spüre ich meine wahre Präsenz in der Größe des Universums, einer Persönlichkeit, die sich in der Hingabe an das, was ist, auflöst.
