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Frozen vs. melted water

Text : Reto Kestenholz / Image : Lilin

 

Jetzt kommen sie wieder die Tage, an denen man sich entscheiden muss, ob man einen sonnigen, freien Tag lieber in den Bergen verbringen möchte oder es einen doch schon eher an’s Wasser zieht. Beides hat durchaus seine Reize, ich fühle mich so oder so frei, irgendwie geborgen, auf jeden Fall am richtigen Ort – welcher es dann auch immer ist. Ich bin froh, hier leben und entscheiden zu dürfen, welchen Luxus ich mir heute gönnen werde…
Soll es ein weiteres Erlebnis im Schnee werden, wo ich mich, seit ich denken kann, gerne austobe und meinen, oft mit vielen lästigen Gedanken geplagten, Kopf entspannen kann, oder geniesse ich das klare Wasser vom Thunersee, wo ich oft an einem – zu dieser Jahreszeit noch angenehm wenig belebten Ort – Gitarre spiele und mich enthemmt zu singen wage?
Beides ist nicht selbstverständlich und ich bin mir meiner privilegierten Lage sehr bewusst, in der sich mir solche Fragen überhaupt stellen! Speziell wieder nach einem so warmen Winter, fragt man sich, ob dies wirklich in Zukunft zur Regel werden kann, doch sind da unsere Hobbys natürlich eh bei weitem nicht das schlimmste Problem.
Falls es in absehbarer Zeit, welche ich vielleicht bei durchschnittlicher Lebenserwartung noch miterleben werde, nur noch sehr kurze und schneearme Winter geben wird, ist dies krass zu sehen, wieviel sich während meiner kurzen Präsenzzeit auf der Erde verändert haben soll. Doch wäre dies dann – bei einigermassen vernüftiger Berichterstattung in den Medien – hoffentlich nicht die dickste Schlagzeile, man weiss aber nie… Die verhältnismässig kleinen Konsequenzen der Klimaveränderung für unsere Freizeitaktivitäten wären wohl nur eine dunkle Reflektion von weitaus schlimmeren, bis unmittelbar lebensbedrohlichen Horrorstories aus deutlich stärker gefährdeten Regionen der Welt. Wenn sich ganze Völker verschieben müssen, um in lebensfreundlichere Gebiete zu gelangen, dann sind harte Konflikte programmiert, wird Blut fliessen und Leben zerstört – von diversen Spezies!

So werde ich heute noch an den See sitzen und das Wasser schätzen, welches (noch) klar, rein und in rauhen Mengen verfügbar ist. Morgen stehe ich vielleicht wieder auf dem Brett und geniesse ein paar Slush Turns, in der Hoffnung, dass es dieses Jahr nochmal, aber vor allem in ferner Zukunft auch noch Pow gibt bis in tiefere Lagen geben wird.
Vor allem aber bin ich froh, dass mir der ganze Luxus hier bewusst ist und ich weiss, dass ich an beidem ählich viel Freude haben kann. Die Herausforderung, mit Gepäck einen kalten Fluss zu queren, um an meinen Lieblingsplatz an dessen Delta zu gelangen, kann ähnliche Gefühle wecken, wie ein sketchy Hike am Berg; die Herausforderung Akkorde und Rhythmen sauber zu spielen ist oft grösser, als 720ies in alle Richtungen zu spinnen.
Hauptsache man hat gesunde Hobbys, welche einen vor Schlimmerem bewahren… Auf jeden Fall tut es mir immer wieder gut von zu Hause auszubrechen – weg von Internet, TV und schier endlos verfügbarer Nahrung.

Lasst uns bewusst geniessen was wir haben, doch möglichst ohne dies auf’s Spiel zu setzen.

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