Von James O’Dea
„Dieser Artikel ist eine äußerst wichtige und außergewöhnlich luzide Analyse der zeitgenössischen spirituellen/persönlichen Entwicklungsszene. Vor vielen Jahren erklärte Byron Katie, eine der großen Persönlichkeiten der globalen Persönlichkeitsentwicklung, dass das Problem Nummer eins in der Welt nicht Hunger, Krieg usw. sei, sondern VERWIRRUNG. Diese Aussage erweist sich jeden Tag mehr als wahr. James O’Dea bringt echte Einblicke in die Debatte der spirituellen Szene. Danke, James, dass Sie so klar und deutlich sind. Wir hoffen, dass dieser äußerst wichtige Artikel eine weite Verbreitung findet. „Pierre Pradervand
Wir leben im Zeitalter des spirituellen Smorgasbords: Die Menschen mischen Konzepte, Aphorismen und Perspektiven aus den unterschiedlichsten mystischen und religiösen Traditionen. Eine Verbindung von Begriffen aus vielen spirituellen Pfaden erscheint nun als beliebtes Rezept für alle Suchenden: „Glaube daran, dass alles perfekt funktionieren wird“; „verleugne die Macht des Negativen, indem du das Positive betonst“; „vertraue immer deiner Intuition“; „konzentriere dich auf das Sein und das Werden, anstatt auf das Tun oder den Aktivismus“; „verstricke dich nicht in die Welt der Formen und Illusionen“; „lebe in der Essenz (dem Moment)“. Eine solche Liste ist offensichtlich eine vereinfachende Reduzierung der Kriterien für spirituelle Praktiken, die darauf abzielen, die Begrenzungen des Egos zu transzendieren.
Oberflächliche Mystik wird nun als verallgemeinerter sozialer Kommentar eingesetzt. Rumi ist in aller Munde: „Jenseits von Richtig- und Falschmachen gibt es einen Raum. Dort werde ich Sie treffen.
Bei einer solchen Aussage erheben sich die Moralisten, um uns darauf aufmerksam zu machen, dass Rumis Worte vielleicht eine Art psycho-spirituelle Wahrheit enthalten, aber keine Grundlage für die Schaffung einer moralisch aufgeklärten Gesellschaft sind. Der Moralist ist schnell dabei, auf die Konsequenzen unserer Entscheidungen hinzuweisen. Wir sind eingeladen, uns daran zu erinnern, dass unsere Entscheidungen sehr kreativ oder zutiefst schädlich für die soziale Ordnung und das Gemeinschaftsleben sein können. Unsere Entscheidungen können ein Fluch oder ein Segen für das Leben anderer und für das Leben auf dem Planeten sein. Moralische Aktivisten fordern uns auf, den Willen zu entwickeln, bewusst Werte, Codes und Gesetze zu etablieren und einzuhalten.
Soziale Aktivisten hingegen erinnern uns oft daran, dass der Fortschritt nicht garantiert ist und in vielen Bereichen unvollständig ist. Sie erinnern uns auch daran, dass wir ständig gegen engstirnige Eigeninteressen und sogar gegen regressive Kräfte kämpfen müssen, die versuchen, die Errungenschaften früherer Generationen zurückzudrehen. Sie mahnen unser Gewissen zur Wachsamkeit und flehen uns an, auf alles zu achten, von der Armut bis zur Umweltverschmutzung. Aktivisten werden manchmal hart verurteilt, weil sie sich zu sehr mit den Mängeln und Unzulänglichkeiten sozialer und politischer Systeme beschäftigen und als zu negativ oder aus einem Bewusstsein der „Knappheit“ kommend angesehen werden. Aber in Wirklichkeit versuchen sie, unsere Aufmerksamkeit und unseren Fokus auf Themen zu lenken, die von unserem Radarschirm verschwunden sind.
Die Herausforderung für moralische und soziale Aktivisten besteht darin, sich nicht von der Notwendigkeit überwältigen zu lassen, dysfunktionales menschliches Verhalten und ungerechte Systeme zu verändern. Sie müssen versuchen, zersetzende Urteile zu vermeiden: Wenn der Überschwang für Gerechtigkeit zur Dämonisierung anderer führt, wird noch mehr Ungerechtigkeit begangen. Ständige, unbewältigte Angst, Frustration, Wut und sogar Empörung können nicht nur zu Erschöpfung führen, sondern auch zu einer Fixierung auf die äußeren Aspekte des Problems. Die Aufmerksamkeit des Aktivisten kann im Feld der Aktion gefangen werden und von der Erfüllung des Wesens selbst abgekoppelt werden.
In ähnlicher Weise besteht die Herausforderung für den spirituell Suchenden darin, nicht egozentrisch zu werden. Wie der Dalai Lama betont hat, reicht es nicht aus, zu meditieren und Mitgefühl für andere zu entwickeln, man muss handeln.
Ein energisches Handeln kann den höchsten Prinzipien der Liebe, der Vergebung und der Versöhnung gewidmet sein, wie Gandhi und andere gezeigt haben. Diese Beispiele höheren Bewusstseins haben den Weg für einen universelleren Wandel im menschlichen Bewusstsein geebnet. Im Feuer der Feindseligkeit, der Ausbeutung und des Hasses mit einer Haltung zu stehen, die sowohl zutiefst mitfühlend und spirituell distanziert ist, aber gleichzeitig kreatives und erleuchtetes Handeln hervorbringt, ist jetzt die Aufgabe des Bürgers mit einem universellen planetarischen Bewusstsein.
Wir können unsere innere Fähigkeit stärken, entscheidende Entscheidungen für uns und den Planeten zu treffen, indem wir darauf verzichten, unser Leben mit zu vielen oberflächlichen Entscheidungen zu überfrachten. Die Entscheidung, sich der höheren Führung zu unterwerfen, tief auf unsere innere Stimme und den Ruf unserer Seele zu hören, ist keine Passivität, sondern eine höhere Ebene des bewussten Engagements.
Über den Autor: James O’Dea ist der Autor mehrerer Bücher, ehemaliger Präsident von IONS und Direktor von Amnesty International in Washington, D.C.
Quelle: https://www.awakin.org/read/view.php?tid=2486 mit Genehmigung von James O’Dea und Nipun Mehta
Audio: https://www.awakin.org/read/view.php?tid=2486&op=audio
Originalbild von Rupali Bhuva, weitere Informationen über sie finden Sie unterhttps://www.servicespace.org/blog/view.php?id=32089.
